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Altstadt von Palma de Mallorca

Altstadt von Palma de Mallorca

Castello Bellver

Castello Bellver

Mallorca

Abseits der Klischees


Die spanische Mittelmeerinsel ist seit Jahrzehnten das Urlaubssymbol der Deutschen schlechthin. Spöttisch als siebzehntes Bundesland bezeichnet, verlassen im Jahr über vier Millionen ihre vier Wände zwischen Wilhelmshafen und München, um über die "einheimischen" Touristenorte S'Arenal, Peguera, Alcúdia, Cala Rajada oder Cala Millor herzufallen. Bilder von saufenden Deutschen am Ballermann oder prügelnden Engländern in Magaluf werden in der Berichterstattung oft sinnbildlich für "Malle" gebracht.
Die Inselregierung der wohlhabendsten Region Spaniens ist schon seit Jahren bestrebt, den Tourismus mehr oder minder sanft von Masse zu Klasse zu entwickeln. Gerade die von Kreuzfahrtschiffen ausgespuckten Touris verwandeln die romantischen Altstadtgassen der Inselhauptstadt Palma zu austauschbaren Meilen mit Souvenirshops und Eisdielen. Da ist dann kein Platz mehr für Läden, in denen der Einheimische seine Einkäufe erledigen kann. Ein wachsendes Umweltbewusstsein und die jüngsten gesundheitlichen Herausforderungen rufen die Touristiker wie die Einheimischen auf den Plan.

Kathedrale von Palma de Mallorca

Kathedrale von Palma de Mallorca

Idyllisches Valldemossa

Idyllisches Valldemossa

Playa La Romana

Playa La Romana


Doch Mallorca ist eben weit mehr als Bettenburgen und Ballermann. Mit 3.684 Quadratkilometern weist die größte Baleareninsel fast die eineinhalbfache Fläche des Saarlandes auf. Kenner sprechen von einem kleinen Kontinent für sich. Im Süden liegt Palma de Mallorca, nur 300 Kilometer von der algerischen Kapitale Algier entfernt.
Zumindest bei der Anreise ist der Großstadt nicht zu entrinnen: Der gleichnamige Flughafen liegt zehn Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Auch wenn Palma durchaus einen Besuch wert wäre, grüßt nur aus der Ferne das Castello Bellver. Wir suchen das andere Mallorca, das meist nur wenige Kilometer hinter der Küstenlinie beginnt.
Der Nordwesten wird von der Gebirgskette Serra de Tramuntana beherrscht. Auf nahezu einhundert Kilometer Länge steigen die Berge hinter der schroffen Steilküste auf Höhen von über 1.000 Metern, der Puig Major erhebt sich gar auf 1.445 Meter über den Meeresspiegel. Die Küstenlinie ist überwiegend wild und unwirtlich, die wenigen Strände nur auf Fußmärschen oder per Boot zu erreichen. Umgeben von dichten Pinienwäldern und felsiger Berglandschaft ist Cala Tuent ein 180 Meter langer und 40 Meter breiter Naturstrand aus Kies. Selbst in der Saison finden sich hier nur wenige Touristen ein. Geschäfte oder Cafés sucht ihr hier vergebens. Etwas oberhalb vom Strand empfängt dafür das Restaurant Es Vegeret mit mallorquinischer Küche und einem schönen Ausblick auf die Bucht. Ein ganz anderes Mallorca also, von Bettenburgen keine Spur. Dafür bieten Fincas oder Casas Rurales landestypisches Leben quasi mit Familienanschluss.

Hafen von Palma de Mallorca

Hafen von Palma de Mallorca

Torrent de Pareis

Torrent de Pareis

Strand von Es Trenc

Strand von Es Trenc


Die Schönheit der Serra de Tramuntana ist ergreifend; dabei finden sich auch hier touristische Hotspots, an denen kaum ein Besucher vorbeikommt. Viel gerühmt ist Valldemossa, wo Frédéric Chopin und George Sand den Winter 1838/39 verbrachten. Die Einsamkeit, der Regen und das abweisende Verhalten der Bewohner inspirierten den Komponisten zu seinem Regentropfen-Prelúde. Manche Reiseführer versprechen einen verträumten Ort. Dabei verzeichnet das Bilderbuchdorf die höchste Zahl an Besuchern im Verhältnis zu seinen Bewohnern - weltweit. Als Fotomotiv aber begeistert Valldemossa mit seinen Puppenstubenrestaurants und dem Kartäuserkloster mehr denn je. Ein Muss sind die beiden Zellen Nr. 2 und 4, in denen das berühmte Künstlerpaar übernachtete. Zu den Erinnerungsstücken gehört auch Chopins Klavier. Für Wagemutige lohnt der Abstecher in das kleine Fischerdorf Port de Valldemossa. Die sechs Kilometer lange Fahrt mit ihren engen Kurven und steilem Gefälle kommt wie eine halbe Ewigkeit vor. Unten angekommen entschädigen der Sprung ins Mittelmeer und der frische Fisch, lecker zubereitet, für die durchlebten Strapazen.
Einfacher ist der Strand Es Trenc im Südosten von Mallorca zu erreichen. Dafür locken der feine und weitläufige Sandstrand und das türkisschimmernde Wasser in der Saison Tausende Besucher an den Naturstrand. Windsurfer und Segler kommen bei Es Trenc voll auf ihre Kosten. Zu bedauern sind indes die Bewohner von Ses Covetes, wenn Blechlawinen und Falschparker den Verkehr hier zum Erliegen bringen. Zwar wurden die Küste und das Hinterland von der Gobierno zum Vogelschutzgebiet erklärt, doch abgesehen von ein paar Info-Tafeln, drastisch verringerten Parkplätzen und einem Schutzzaun entlang der Dünen halten sich die praktischen Auswirkungen bisher noch sehr in Grenzen. Stattdessen wartet der Strand mit Gastronomie und Türmen für Rettungsschwimmer auf.

In der Serra de Tramuntana, rechts das Massiv des Puig Major

In der Serra de Tramuntana, rechts das Massiv des Puig Major

Mallorca Impression

Mallorca Impression

Mallorca Impression

Mallorca Impression


Wer nach einigen Tagen am Strand Abwechlung sucht, dem sei eine Wanderung zum Torrent de Pareis empfohlen, ein idyllischer Canyon an der Nordküste unweit von Sa Calobra. Spektakulär!
Nicht weit vom berühmten Aussichtspunkt Cap Formentor befindet sich ein "gut geschützter" Sandstrand: Cala Murta. Nach einer schweißtreibenden Fahrt durch unzählige Serpentinen ist vom Parkplatz Possessió Cala Murta noch ein halbstündiger Fußweg zu meistern. Das schreckt nicht wenige Urlauber ab, so kann die naturbelassene Bucht noch als Geheimtipp gelten. Ruhe herrscht hier selbst in der Hochsaison, obzwar gelegentlich Esel zum Sonnenbad vorbeikommen. Früher mussten die Tiere hart arbeiten, heute mögen es die flauschigen Vierbeiner, wenn sie von kleinen und großen Kindern gestreichelt werden. Anders als in Es Trenc fehlen hier Strandkneipen und Kioske. Wenn ihr Euch also auf den Weg zu dem paradiesischen Fleckchen macht, solltet ihr Snacks und ausreichend Getränke mitbringen. Als kleine Abwechslung während des Strandtages dient eine Wanderung entlang des ausgeschilderten Cami de Castellet zu einem spektakulären Aussichtspunkt über die Bucht von Pollenca. Der Abend klingt wunderbar in einem der Lokale an der Strandpromenade aus.

Wort: Uwe Schieferdecker / Bild: Torsten Reineck, Jacek Olejniczak, Robert Katschinka